Karin Farrenkopf-Parraga

Frage

1

2

3

4

5

6

7

8

Antwort

1

2

3

4

5

6

7

8

Karin Farrenkopf-Parraga
Pfarrbeauftragte der Pfarrei St. Peter und Paul, Aschaffenburg

Das Interview wurde am 15.11.2002 auf Band aufgezeichnet und schriftlich fixiert.

1. Frage:
Im Verständnis der katholischen Kirche sind alle zum allgemeinen Priestertum berufen und mit der Verkündigung der christlichen Botschaft beauftragt. Die Befähigung hierfür gibt der Hl. Geist "wie er will" (1 Kor 12,11). Im Bild des “Leibes und der vielen Glieder" (1 Kor 12,12-31a) wird deutlich, dass keine Befähigung wichtiger oder wertvoller ist als eine andere. Wenn Eltern ihren Kindern in Liebe begegnen und sie nach christlichen Grundsätzen erziehen, so ist dies ebenso charismatisch und notwendig zum Aufbau der Kirche, wie der Priester, der seine Gemeinde leitet.

Trotzdem gibt es den besonderen Dienst des Amtspriestertums. Seinen Dienst versteht die Kirche als dreifaches Amt Christi: Prophet (Lehramt), Priester (Priesteramt), König (Hirtenamt).

Ist dies nicht eigentlich ein Widerspruch?

Antwort:
Da ich eine gute Erfahrung mit unserem Seelsorgeteam und in der hiesigen Gemeinde habe, würde ich es im Moment so sehen, dass es nicht unbedingt ein Widerspruch ist, im Sinne von da stimmt was nicht, oder das ist einer der sich herausspielt. Es kommt auf das Miteinander an. Wir haben alle verschiedene Aufgaben. Ich denke z.B an die Kindererziehung. Hier haben Mutter und Vater, Großeltern, Tanten und Onkel ihre Aufgaben, die sie sich teilen. In der Pfarrgemeinde ist es ähnlich. Einer aber oder zumindest ein Team, müssen die Fäden in der Hand halten.


2. Frage:
Worin sehen Sie die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zwischen Amtspriestertum und allgemeinem Priestertum?

Antwort:
Zum einen liegen die Probleme dort, wo wirklich der Priester, der nicht am Ort wohnt doch gebraucht wird, zum Beispiel bei der Krankensalbung. Wenn ein Mensch sehr alt ist und im Sterben liegt, und ich ihn all die Zeit begleitet habe, durch Hausbesuche und Krankenkommunion, dann muss ich immer noch einen Priester zur Krankensalbung und Beichte holen. Es fällt mir nicht schwer dies zu tun, aber ist es nicht schade, dass dieser Mensch nun auf jemand vielleicht Fremden warten muss, dem er sich anvertrauen kann? Das sind eben die Gesetzte wo ein bisschen Schmerz mit dabei ist. Ich sage nicht, dass ich das unbedingt machen muss, aber das sind eben Grenzen.
Zum anderen liegen die Probleme aber auch da, wo Macht missbraucht wird, wenn andere unterdrückt werden.


3. Frage:
Worin liegen Ihrer Meinung nach die Probleme bzw. die Grenzen dieser Zusammenarbeit?

Antwort:
Die liegen dort, wo wirklich der Priester, der nicht am Ort wohnt doch gebraucht wird, zum Beispiel bei der Krankensalbung. Wenn ein Mensch sehr alt ist und im Sterben liegt, und ich ihn all die Zeit  begleitet habe, durch Hausbesuche und Krankenkommunion, dann muss ich immer noch einen Priester zur Krankensalbung und Beichte holen. Es fällt mir nicht schwer dies zu tun, aber ist es nicht schade, dass dieser Mensch nun auf jemand vielleicht Fremden warten muss, dem er sich anvertrauen kann? Das sind eben die Gesetzte wo ein bisschen Schmerz mit dabei ist. Ich sage nicht, dass ich das unbedingt machen muss, aber das sind eben Grenzen.


4. Frage:
In welchen Bereichen findet diese Zusammenarbeit in ihrer Pfarrei statt, in welchen Bereichen sollte bzw. kann sie ausgebaut werden?

Antwort:
Die Zusammenarbeit findet in allen Bereichen statt. Die Verantwortung ist allerdings geteilt. Für alle Aufgaben die dem Priester vorbehalten sind, Eucharistiefeier, Sakramentenspendung usw. trägt sie der Pfarradministrator. Für den Rest - Leitung der verschiedenen Gruppierungen in der Pfarrei, Pfarrbüro usw. - trage ich die Verantwortung.


5. Frage:

Wenn Sie zurückblicken auf die Zeit vor dem 2. Vatikanischen Konzil, auf die Konzilsbeschlüsse und die Zeit danach: Inwiefern hat sich (unter den Laien und unter den Priestern) das Bewusstsein einem allgemeinem Priestertum anzugehören und inwieweit hat sich die Zusammenarbeit zwischen Amtspriestertum und allgemeinem Priestertum verändert?

Antwort:
Also ich habe ja weder die Zeit vor dem Konzil, noch die Zeit des Umbruchs direkt danach erlebt. Aber ich würde sagen wir Christen sind mündiger geworden. Das ganze Umfeld, und die Entwicklung der letzten Jahrzehnte hat dazu beigetragen, dass jeder Mensch seine Entscheidungen bewusster trifft. Das mag mit ein Grund sein, warum die Kirchen leerer geworden sind, bzw. die Mitarbeiter in den Pfarrgemeinden zurückgehen. Vorher gab es den kulturellen Druck. Jetzt ist es so, dass jeder, der zur Liturgie kommt oder mit arbeitet, sich selber dafür entscheidet, und das ist sehr wertvoll. Es geht heute nicht mehr so sehr um Zahlen, sondern mehr um die Qualität.


6. Frage:
Glauben Sie, dass den Christen die keine theologische Vorbildung haben, bewusst ist, was das allgemeine Priestertum ist, welche Bedeutung es für den Einzelnen und welche es für die Kirche hat?
 
Antwort:
Ehrlich gesagt nicht. Ich denke, sie können eher etwas mit dem Begriff "Kinder Gottes" anfangen; im Sinne: wir sind alle getauft, wir gehören alle zu einer Kirche, zu einer Pfarrgemeinde usw. Allgemeines Priestertum im Sinne von Mitarbeit, Verkündigung, Sakramentenspendung und Gemeindeleitung sicher nicht.


7. Frage:
Das Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz hat folgende statistische Daten herausgegeben (Vergleichszahlen 2000 gegenüber 1990):

  • Anzahl der Katholiken in der BRD:
  • - 1.435.000

    - 5,1 %

  • im Verhältnis zur gestiegenen Bevölkerungszahl:
  • - 11,7 %

  • Priester im aktiven Dienst:
  • - 2595

    - 17,1 %

  • Diakone im Hauptberuf:
  • + 385

    + 64,9 %

  • Diakone mit Zivilberuf:
  • + 480

    + 52,6 %

  • Pastoralassistent/referent/innen:
  • + 743

    + 20,6 %

  • Gemeindeassistent/referent/innen:
  • + 1200

    + 77,8 %

    Alle Auf- bzw. Abwärtsbewegungen sind keinen großen Schwankungen ausgesetzt, sondern verlaufen linear.
     
    Sind angesichts dieser Zahlen andere Denkmodelle bezüglich der Zusammenarbeit zwischen Amtspriestertum und allgemeinem Priestertum notwendig? Wenn ja, in welche Richtung müssten Sie Ihrer Meinung nach gehen? Welche Rolle spielt dabei die Diskussion über den Zölibat oder die Ordination von Frauen?

    Antwort:
    Ja, auf alle Fälle. Ich denke das sollte zusammenkommen. Man kann in der heutigen Zeit nicht sagen, man will den Zölibat lockern oder ganz abschaffen, und lässt die Frauen außen vor, oder umgedreht. Ich denke das muss zusammenkommen, das läuft parallel. Aber es ist ein ausschlaggebender Punkt. Ich denke an Zölibat nicht nur in dem Sinn, dass Priester heiraten können, sondern auch, dass da einfach das Bild der Sexualität, der Geschlechtlichkeit viel offener, viel menschlicher wird. Natürlich dürfen die, die nicht heiraten wollen, auch weiterhin ein zölibatäres Leben führen. Aber ich denke es würde unsere Kirche ungemein helfen sich dahingehend zu öffnen.


    8. Frage:
    In der "Dogmatischen Konstitution über die Kirche" ist in Kapitel 2 - Vers 10 zu lesen:
    "Durch die Wiedergeburt und die Salbung mit dem Heiligen Geist werden die Getauften zu einem geistigen Bau und einem heiligen Priestertum geweiht..."
    In Vers 12 steht weiter: "Derselbe Heilige Geist heiligt außerdem nicht nur das Gottesvolk durch die Sakramente und die Dienstleistungen, er führt es nicht nur und bereichert es mit Tugenden, sondern ‘teilt den Einzelnen, wie er will' (1 Kor 12,11), seine Gaben aus und verteilt unter den Gläubigen jeglichen Standes auch besondere Gnaden..."

    Es gibt eine ganze Reihe von Pastoralassistent/innen die sowohl eine ebenso fundierte theologische Ausbildung haben wie Amtspriester, als auch spirituelle Gaben. Was spricht eigentlich dagegen, wenn der Bischof (der letztlich über die Echtheit der Geistesgaben urteilt [Lumen Gentium 12]) diese Laien zur Leitung einer Pfarrgemeinde beauftragt, dass diese Laien durch den Bischof "zur Verkündigung der Frohbotschaft, zum Hirtendienst an den Gläubigen und zu Feier des Gottesdienstes" (LG 28) ermächtigt werden?

    Antwort:
    Für mich spricht nichts dagegen. Allerdings möchte ich auch uns Gemeindereferenten miteinbeziehen. Denn der eine, der Pastoralreferent, bringt etwas mehr theoretisches, der andere eher das praktische Wissen mit. Und ich würde mir wünschen, dass wir das so sehen wie in der freien Marktwirtschaft, wo es nicht auf den Abschluss ankommt, wenn man Abteilungsleiter wird, sondern auf die tatsächlichen Fähigkeiten. Um auf die Weihe zurückzukommen, auch hier spricht für mich nichts dagegen. Ich denke, auch die Menschen in der Gemeinde hätten keine großen Schwierigkeit damit. Im Gegenteil, ich glaube die große Menge unserer Gemeinde wartet sogar darauf, dass z.B. auch Frauen zum Priester geweiht werden.